Misteln an Bäumen
Die Mistel – ein Halbschmarotzer
An den jetzt laubfreien Bäumen sind sie und ihr Ausmaß gut zu erkennen: Weißbeerige Misteln, meist Mistel genannt. Sie sitzen einzeln oder büschelweise auf den kahlen Ästen.
Misteln zählen zu den Halbschmarotzern. Sie besitzen kein gewöhnliches Wurzelwerk, sondern spezielle Saugwurzeln (Haustorien), mit denen sie in das Holz des Wirtsbaums eindringen und seine Leitungsbahnen anzapfen, um Wasser und Nährsalze aufzunehmen. Misteln wachsen nicht nur auf Laub- und Nadelbäumen, sondern auch auf Obstbäumen und haben sich perfekt an das Leben in den Baumkronen angepasst. Vögel verteilen die Samen, wenn sie sich in die kahlen Baumkronen setzen.
Immergrün und kugelrund
Besonders im Winter sind die kugelrunden Büsche weithin sichtbar. Im Gegensatz zu Pappeln, Weiden und anderen Wirtspflanzen sind Misteln immergrün, da sie selbst Photosynthese betreiben. Sie blühen schon im März, wenn die Bäume noch keine Blätter tragen, ihre Beeren reifen im Dezember, wenn die Bäume wieder kahl sind. So werden die Blüten und Beeren von Insekten und Vögeln leichter gefunden. Wegen ihrer immergrünen Blätter vertragen Misteln keine intensive Wintersonne – sind die Leitungsbahnen der Wirtspflanze eingefroren, leiden die Misteln schnell unter Wassermangel – ihre grünen Blätter vertrocknen dann und werden braun.
Der kugelige, gedrungene Wuchs der Mistel hat ebenfalls einen Grund: Er bietet dem Wind in den Baumkronen weniger Angriffsfläche, um die Pflanzen aus ihrer Verankerung zu reißen. Die besondere Wuchsform entsteht, weil die Triebe keine Endknospe besitzen, aus der bei anderen Pflanzen im Folgejahr der nächste Triebabschnitt entsteht. Stattdessen teilt sich jeder Trieb an seinem Ende in zwei bis fünf etwa gleich lange Seitentriebe, die alle etwa im selben Winkel abzweigen.
Die Wirtsbäume der heimischen Mistelarten
Misteln bilden in Mitteleuropa drei Unterarten: Die Laubholz-Mistel lebt zum Beispiel auf Ahornen, Birken, Hainbuchen, Linden, Pappeln, Robinien, Weiden und Apfelbäumen. Rotbuchen, Walnussbäume, europäische Eichen und Platanen sind dagegen „mistelfest“. Die Tannen-Mistel lebt ausschließlich auf Tannen, die Kiefern-Mistel befällt Kiefern und gelegentlich auch Fichten.
Die Mistel – Nutznießerin des Klimawandels
Am häufigsten werden Bäume mit weichem Holz wie Pappeln und Weidenarten befallen. In der Regel entzieht die Mistel ihrem Wirtsbaum nur so viel Wasser und Nährstoffe, dass dieser noch genug zum Leben hat – sie würde sonst sprichwörtlich den Ast absägen, auf dem sie sitzt. Wer einen Befall durch Misteln aufhalten will, muss radikal zurückschneiden. Äste mit Mistelbefall sollen mindestens 30 cm bis 50 cm ins gesunde Holz abgesägt werden. Damit kann die Ausbreitung der Pflanze in der Regel gestoppt werden.
Die Gefahr der Ansiedlung ist besonders hoch etwa nach Trockenperioden, wenn Bäume geschwächt und anfällig für Parasiten sind. Ein sehr starker Befall kann dazu führen, dass der Wirtsbaum langsam eingeht.
Die immergrünen, mit Beeren besetzten Mistelzweige sind als Deko-Material in der Vorweihnachtszeit sehr gefragt. Misteln stehen zwar nicht unter Naturschutz, der Schnitt in der freien Natur ist aber aus Baumschutzgründen genehmigungspflichtig. Mistelpflücker sägen leider häufiger ganze Äste von den Bäumen ab, um an die begehrten Sträucher zu kommen.
Misteln als medizinischer Rohstoff
Die weißen Beeren und auch die übrigen Pflanzenteile der Mistel sind giftig und sollten deshalb nicht in Reichweite von Kindern gelangen. Aber wie immer macht die Dosis das Gift oder die Medizin. Schon seit der Antike wird die Mistel als natürliches Heilmittel gegen Schwindelanfälle und epileptische Zustände eingesetzt. In der modernen Medizin unterstützt die Mistel die Therapie gegen Bluthochdruck und Arthrosen und findet in der Krebstherapie Verwendung.