Humorvolles Gedicht von Fred Endrikat

Veröffentlicht von Ingrid Voigtmann am

Standort Grünzug WeißeritzDer Großstadtbaum

Ein Baum steht in der großen Stadt,
wo er nur wenig Sonne hat,
verlassen und alleine.
Von Osten nur ein schmaler Gang,
von Westen her ein Schienenstrang,
von Süd und Nord nur Steine.

Ich blieb oft vor dem Baume stehn.
Er hat mich schweigend angesehn,
als wollte er mich grüßen.
Die Wurzeln unter dem Asphalt,
sie sehnten sich nach einem Wald,
wie ich mit müden Füßen.

Der Baum schaut mir in das Gesicht,
als wollte er mit seinem Licht
mir einen Trost bereiten.
Er muss hier Jahr um Jahre stehn
und hatte nie ein Reh gesehn
und all die Herrlichkeiten.

Bist du auf einen Platz gestellt,
der dir nicht sonderlich gefällt,
dann denk an die Akazie.
Wenn dich das Schicksal nicht verpflanzt,
dann halte aus, so gut du kannst,
und dulde still, mit Grazie.

Fred Endrikat

Fred Endrikat lebte von 1890 – 1942. Er war ein deutscher Schriftsteller und Kabarettist.

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